12.11.2022 bis 19.02.2023
Bilderbücher
von Pei-Yu Chang
Ausstellung
Schon als Kind wollte Pei-Yu Chang (*1979) Künstlerin werden, doch aus Rücksicht auf ihre Familie studierte die in Taipeh (Taiwan) geborene Künstlerin zunächst Germanistik. Im Alter von 25 Jahren kam sie nach Deutschland, um über die Chaostheorie in der Literatur zu promovieren. Aus Leidenschaft zur Buchkunst wechselte sie das Studienfach: Kommunikationsdesign und Illustration in Münster. Bereits ihre Abschlussarbeit »Der geheimnisvolle Koffer von Herrn Benjamin« wurde ein riesiger Bucherfolg.
Acrylfarben, Buntstifte, Stempel und Collagen – Pei-Yu Chang arbeitet in der sogenannten Mixed-Media-Technik: »Das ist wie ein Spiel, bei dem ich am Anfang noch nicht weiß, wie es enden wird. Ich habe eine grobe Idee oder einen Gedanken, gehe auf die Suche nach Material und lass mich von diesem treiben. Die verschiedenen Materialien aus dem Fund setze ich zusammen und gucke, wie sie wirken. Ich probiere verschiedene Kompositionen aus, bis das Bild zum Vorschein kommt. Diesen Prozess des allmählichen sich Annäherns finde ich sehr faszinierend, und er kommt meinem Denkansatz am nächsten«, erläutert die Künstlerin.
Das Thema ihres ersten Kinderbuchs ist die Flucht. Benjamin, »dessen Kopf voller brillanter Ideen aller Art ist«, muss fliehen, denn das Regime ist der Meinung, dass »außergewöhnliche Ideen sehr, sehr gefährlich seien«. Obwohl diese Geschichte in Nazideutschland spielt, liest sie sich doch so, dass sie von allgemeiner Bedeutung ist. »Als ich 2015 im Rahmen der großen Flüchtlingswelle darüber nachdachte, wie ich einen Zugang zum Thema Flucht finde, entdeckte ich in einer Ausstellung über Originalität im Literaturmuseum der Moderne (Marbach) Informationen über die Flucht des von Nazis verfolgten Philosophen Walter Benjamin, die an der spanischen Grenze scheiterte – und wie seitdem der (Akten-)Koffer, den er bei sich hatte, unauffindbar ist. Mir erschien dieser geheimnisvolle Koffer wie der Schatz auf einer verlorenen Schatzsucherkarte, wobei es nicht möglich ist, einfach auf der Basis der Karte das zu finden, was man sucht. Genau das eröffnet der Phantasie ungeahnte Möglichkeiten!« Mit ihrem ersten Kinderbuch landete Pei-Yu Chang direkt auf der Longlist der Stiftung Buchkunst zum Thema »Die schönsten deutschen Bücher« und wurde von Kritikern wie Lesern hochgelobt.
Die Ausstellung im Museum Wilhelm Busch zeigt neben den Originalarbeiten aus »Der geheimnisvolle Koffer des Herrn Benjamin« auch Arbeiten aus ihrem Kochbuch zur chinesischen Hausmannskost, »Hundebraten süßsauer«, dessen Titel auf kulturelle Stereotypen anspielt, aus der Ringparabel »Wem gehört der Schnee?«, bei dem uns die Künstlerin zur Geschichte von Antonie Schneider über drei Konfessionen an einem Ort, die über den Schnee streiten, mit ihrer außergewöhnlichen Beobachtungsgabe in ein multikulturelles Israel entführt – und zauberhafte Illustrationen eines in Taiwan erschienen Kinderbuchs, bei dem sich alles um den Wunsch eines kleinen Jungen dreht, in der Ballettaufführung den schwarzen Schwan zu tanzen.
Zurzeit lebt und arbeitet Pei-Yu Chang in Münster. Ihre Illustration sind mit Akribie gezeichnet, gemalt, geschnitten, gefaltet und geklebt. Durch ihr Spiel mit den Bedeutungsebenen gelingt Chang einerseits eine kindgerechte Form, andererseits finden auch Humor und Ironie ihren gelungenen Platz.